GeometrieUndUnterrichtSS2019 03

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Inhaltsverzeichnis

Vorbereitungsauftrag

Entwerfen Sie eine Unterrichtsaktivität für die Einführung bzw. einführenden Erarbeitung des Begriffs Parallelogramm. Ziel der Unterrichtsaktivität ist die Kenntnis der Begriffsdefinition. Gehen Sie von einer generischen (Real-)Schulklasse der sechsten Jahrgangsstufe aus. Gehen Sie davon aus, dass die Schüler*innen aus der fünften Jahrgangsstufe bereits in der Lage sind, 'Parallelität' im Kontext paralleler Geraden und Vierecke, Quadrate und Rechtecke identifizieren können. Beachten Sie auch den gemeinsamer Bildungsplan für die Sekundarstufe I des Landes Baden-Württemberg.

In der Didaktischen Werkstatt Mathematik und Informatik der PH Heidelberg finden Sie u.a. eine Sammlung von verschiedenen Schulbüchern, die Sie gerne zur Inspiration nutzen können.

Sitzungsmaterialien

Dokumentation der Sitzung

NOCH NICHT FERTIG! Noch nicht gegengelesen, Bilder eingefügt und Vorbereitungsauftragsbeispiel und Denkstilabsschnitt fehlen auch noch! Ich wollte es nur mal speichern ;)

Zusammenfassung

Das Augenmerk dieser Sitzung lag auf der kurzfristigen Erarbeitungsphase von Begriffen. Dabei lernten wir die verschiedenen Zugänge zu geometrischen Begriffen sowie konkrete Beispiele für diese kennen. Als zentral für den Begriffserwerb im Geometrieunterricht in der Sekundarstufe erwiesen sich das operative Prinzip sowie die Begriffsbildung durch Abstraktion. Da sich mathematische Denkstile wie die Lernstile auch inpersona und über die Zeit abwechseln und jeder Zugang verschiedene Vor- und Nachteile besitzt, ist ein ergänzender, abwechslungsreicher Umgang der Zugänge am gewinnbringendsten. Unabhängig von dem gewählten Zugang sollten Phänomene als Ausgangspunkt für die Begriffsbildung im Geometrieunterricht genutzt werden und zwar solche, die unter mathematischen und didaktischen Aspekten vertretbar sind.


Inputphase

Im Allgemeinen erfolgt der kurzfristige Erwerb von geometrischen Begriffen in drei Phasen (vgl. Weigand et al. 2018, S. 100f.). In der ersten Phase wird zunächst ein Bedürfnis zur Bildung des Begriffs geschaffen, indem ein passender Problemkontext, möglichst ein Phänomen (s.u.) betrachtet wird. Danach folgt die Phase der Erarbeitung des Begriffs, in der intuitive gesammelte Begriffsvorstellungen präzisiert sowie Begriffsinhalt und Begriffsumfang konkretisiert werden. Im Unterricht zählen dazu neben der Sicherung im Heft auch schon erste Übungsphasen. Um einen Begriff in seinem Kontext zu verstehen, schließt sich anschließend eine Reflexionsphase an. In dieser werden Prototypen bewertet und der zu lernenden geometrische Begriff in ein Begriffsnetzt einsortiert bzw. angeknüpft. Welche Umsetzungsmöglichkeiten sich für die ersten beiden Phasen konkret für eine(n) Lehrer(in) ermöglichen und welche Vor- und Nachteile diese beinhalten, wurde im Verlauf der Sitzung näher erörtert.

Phase 2: Erarbeitungsphase

In der unteren Tabelle sind die Ergebnisse des Vorbereitungsauftrags (siehe unten und Bild 1) den einzelnen Arten der Begriffserarbeitung zugeordnet sowie Vor- und Nachteile aufgelistet. Die größte Bedeutung für die Erarbeitung eines geometrischen Begriffs in der Sekundarstufe besitzt die operative Begriffsbildung, welche auf dem von Aebli 1985 geprägten operativen Prinzip beruht, sowie in der Sek II immer zunehmender die Begriffsbildung durch Abstraktion.

Tabelle 1: Arten der Begrifferarbeitung
Arten der Begriffserarbeitung Grundidee Ausgangspunkt Klassenstufe Nachteile Bsp. (auch Vorbereitungsauftrag)
Exemplarische Begriffsbildung Generalisierung und ganzheitliche Vorstellungen (Gestalt, Bild, Aussehen) druch Vergleich von (gemeinsamen) Eigenschaften und Analyse von Bsp. und Gegenbsp. aus dem Alltag Einzelobjekt/ Einzelfall Primarstufe und Übergang zur Sekundarstufe
  • eher ungeeignet für Sek1
  • Förderung von Prototypen und Partitionen anstelle von Hierachien (interner Bezüge)
  • Begriffsbildung aus Bildern
Spezifikation aus einem Oberbegriff Ausbildung eines Teilbegriffs durch Einschränkung Eigenschaften bzw. Angabe von Anforderungen allgemeiner Oberbegriff
  • Notwendigkeit von Vorwissen
  • Deduktiver Charakter und nicht induktiv, von der Problemstellung ausgehend
  • 'Ein Rechteck ist ein Parallelogramm mit einem rechten Winkel'
Konstruktive oder operative Begriffsbildung Ausbildung eines dynamischen bzw. flexiblen Begriffsvorstellung durch internalisiertes, zielgerichtetes Handeln (variable Operationen, Transformationen und Konstruktionen) und bewusstes, reflektierendes Beobachten der durch die Handlung aufgezwungen Eigenschaften reale, virtuelle oder mentale Handlung uneingeschränkt Bedarf an konkreten, unterstütztenden Beobachtungshilfen/-fragen
  • Parallelstreifen
  • Gelenkparallelogramm
Begriffsbildung durch Abstraktion Begriffsbildung durch (Äquivalenz-)Klassenbildung, d.h. Sortieren anhand charakteristischer Merkmale. Das inkludiert ein:
  • Abstraktionsprozess
  • Idealisierungsprozess
Bsp. und Gegenbsp. höhere Klassenstufen Förderung von Prototypen und Partitionen anstelle von Hierachien (interner Bezüge)
  • Realisieren und Identifizieren
  • Sortierungsaufgabe mit Bsp. und Gegenbsp.: 'Sortiere die Figuren nach ihrer Form'
  • Geschichte: Rechtecke verändern
  • Variation der Quadratdefiniton
Operatives Prinzip und operative Begriffsbildung

Das Operative Prinzip(vgl. Aebli 1985, Wittmann 1985) ist ein didaktisches Konzept, welches schulische Lern- und Denkprozesse auf internalisiertes Handeln gründet und zumeist bei Problemlöseaufgaben und Phasen des entdeckenden Lernens eingesetzt wird. Ein zentraler Aspekt des Konzeptes ist der Begriff der Operation. An konkreten Problemstellungen beginnen in jeglichen Lebensalter Denkprozesse. Durch zielgerichtete praktische Handlungen (zeichnen, konstruieren, falten, bewegen) und bewusste Beobachtungen (Varianz, Invarianz, Abhängigkeiten und Beziehungen) können Operationen, Begriffe und Eigenschaften verinnerlicht und Grundvorstellungen aufgebaut werden (->“Interiorisation“). Bei einigen Begriffen und Operationen bedarf es einer zusätzlichen Abstraktion der praktischen Handlungen (z.B. Die Zahl л durch Umfangsmessungen) sowie einer begrifflichen Rekonstruktion mit Hilfe der Vorkenntnisse der Schüler. Um sich von Prototypen und konkreten Situation zu lösen werden sie zahlreiche Transformationen unterzogen und aus verschieden Blickwinkeln betrachtet. Schließich zeigt sich das Ziel und die Produkte des operativen Prinzips sowohl in der Anwendung auf konkreten Handlungssituationen und Objekten, als der Erkenntnis des Systemcharakters von Operationen und Begriffen.

Operative (konstruktive) Begriffsbildung: „Ein Begriff wird nach dieser Methode dadurch erschlossen, dass man ein Verfahren zur Konstruktion der unter den Begriff fallenden Objekte angibt und die diesen Objekten durch die Konstruktion aufgeprägter Eigenschaften untersucht (vgl. Wittmann 1985).

In der Praxis sind für den erfolgreichen Einsatz der operativen Begriffsbildung Beobachtungen der SuS durch zielgerichtete Aufgabenstellungen und Hypothesenaufträge zu unterstützen (Folie 9).

  • Welche Transformationen sind durchführbar?
  • Welche Operationen ermöglicht das Werkzeug?
  • Welche Eigenschaften und Beziehungen haben Objekte?
  • Welche Wirkung haben Transformationen auf Eigenschaften und Beziehungen?
  • Formulierungen von Vermutungen und Begründungen?

Phase 1: Darbietung des Problemkontextes

Phänomene

Um in den ersten Kontakt mit dem zu erarbeitenden Begriff zu treten und für die Entwicklung von Begriffsvorstellungen (Konstituierung mentaler Objekte), sind Phänomene gut geeignet. Sie eröffnen eine oder mehrere Problemstellungen, die z.T. auch entwicklungsgeschichtlich zur Begriffsdefinition motiviert haben und die die Sinnhaftigkeit der Begriffsbildung hervorheben. Offensichtlich spielt das Vorwissen oder die Vorerfahrung der SuS eine entscheidende Rolle bei der Entwicklung des Begriffsverständnisses. Faltkanten in einem Blattpapier legen beispielsweise die Definition des Begriffs Gerade nahe (weitere Bsp. Folie 13). Dabei sollte für jeden Begriff die Tragfähigkeit des Phänomens unter mathematischen und didaktischen Gesichtspunkte geprüft werden. Als solide erweisen sich kulturhistorisch-genetische Phänomene (z. B. Quadratur des Kreises, Dreiteilung des Winkels), Alltags- / Lebenswirklichkeits-Phänomene (z. B. Flächenberechnung fürs Fliesen legen, Optimierungsprobleme wie der kürzeste Weg zwischen A und B in Mannheim) und Innermathematische Phänomene (z. B. Invarianz des Abstands zweier Parallelen, Klassifikationen von Vierecken). Nach van Hofe sollte ein dem Begriff angemessenes Beispiel gewählt werden.


Arbeitsphase

Äquidistanzkurven wurden in der Arbeitsphase als Beispielphänomen zum Begriffserwerb der Mittelsenkrechten genutzt und untersucht.

Äquidistanzpunkte sind diejenigen Punkte (der Ebene/ des Raumes), die von vorgegebenen geometrischen Objekten den gleichen Abstand haben.

Vor der Zeit René Decartes, welcher die kartesischen Koordinaten bekannt machte, dienten Äquidistanzkurven als Ausgangspunkt zur beispielsweise zur Beschreibung von Parabeln, Kreis, Mittelsenkrechten und Winkelhalbierende. Das Phänomen ist demnach kulturhistorisch-genetisch, aber auch innermathmatisch begründet.

Die Problemstellung

„Alice und Bob sind Apfelbauern. Zwei ihrer Apfelbäume stehen nebeneinander. Jedes Jahr streiten sie sich darum, welcher der Äpfel auf dem Boden von welchem Baum gefallen ist. Ihr Freund Charlie möchte den beiden helfen. Wie können die Äpfel auf die beiden aufgeteilt werden?“ Alices und Bobs Baum sowie Charlie und einige Äpfel waren im Geogebra-Applet als Punkte dargestellt. Im Plenum wurden einige mögliche Schülerantworten bezüglich ihrer Fairness diskutiert und mit Geogebra z.T. auch in Kleingruppen umgesetzt und ausprobiert.

Lösungsvorschläge

Neben der Mittelsenkrechten, deren Begriffsinhalt (Eigenschaft Äquidistanzkurve zweier Punkte) Ziel der Aufgabe darstellte, wurden auch das Zeichnen zweier Kreise mit Mittelpunkt in je einem Baum durch den Punkt Charlie als Lösungsvorschlag genannt. Bei Letzterem lässt sich jedoch ein Apfel keinen der beiden Kreise zuordnen. An die Konstruktion der Mittelsenkrechten angelehnter Vorschlag wären das Zeichnen zwei Kreise mit Mittelpunkt in je einem Baum durch den Punkt des jeweils anderen Baumes vorgeschlagen. Die Äpfel in der Schnittmenge sollten dann geteilt werden. Doch auch hier können zumindest theoretisch Äpfel auftauchen, die in keinem Kreis liegen.

Bemerkungen und Kritik

Zum einen wurde festgestellt, dass bei sauberer Formulierung der Fragstellung Fragen nach der Hangneigung und der Höhe der Bäume vorgebeugt werden kann. Zum anderen entscheidet das Zeitbudget, wie offen bzw. angeleitet sie gefasst werden kann. Dabei sollte das Ziel der Aufgabe immer im Blick behalten werden, denn die Fülle an Lösungsmöglichkeiten und ihr Diskussionspotential erfordert viel Zeit, denn Schülerantworten sollten erst genommen werden.
Außerdem ist dieser Zugang als Einstiegszugang zum Begriffserwerb der Mittelsenkrechten
schlecht geeignet, da Begriffe, wenn möglich immer anlehnend an ihre Etymologie eingeführt werden sollten. Im Falle der Mittelsenkrechten entspricht das der Konstruktion einer Senkrechten durch den Mittelpunkt einer Strecke zwischen A und B.
Die SuS wissen i.A. nicht, dass die Mittelsenkrechte weiterhin die Eigenschaft einer Äquidistanzkurve erfüllt. Mit Hilfe der Geogebra-Software, insbesondere des Spurmodus, kann dieser Zugang dazu genutzt werden, dieses Charakteristikum enaktiv zu erschließen und sichtbar zu machen: Dazu wurden die Punkte der Bäume mit dem Punkt Charlie durch eine Strecke verbunden und ihr Abstand durch das Abstandstool gemessen. Die Äquidistanzkurve kann dann bei aktiviertem Spurmodus durch Bewegen von Charlie und konstantes Überwachen der Abstände ermittelt werden. Zu diesen Zeitpunkt ist (den SuS) noch nicht klar, dass die durch den Spurmodus sichtbar gemachte Äquidistanzkurve genau die Mittelsenkrechte der zwei Punkten entspricht, deshalb steht die Lehrkraft danach vor der Aufgabe beide Zugänge miteinander zu verbinden, um ein integriertes mentales Modell bei den SuS zu produzieren. Dies kann über Plausibilitätsargumente wie Kreise mit Mittelpunkt auf der konstruierten Mittelsenkrechten durch die Ausgangspunkte geschehen oder angelehnt an dem eigentlichen Kongruenzbeweis durch Symmetriebetrachtungen eines durch die Mittelsenkrechte geteilten, gleichschenkligen Dreiecks (siehe Abb. 2).

Abb. 2: Beweisidee zur Mittelsenkrechte als Äquidistanzkurve zweier Punkte
Das Fazit der Arbeitsphase

Zur Untersuchung von Äquidistanzkurven ist die „Spurmodus“- Funktion in Geogebra (auch von anderer dynamischer Geometrie-Software) ist sehr geeignet.


Zusatzmaterial

Als zusätzliche Übungsgelegenheit für die Unterstützung der Begriffslernens mit Blick auf das Operative Prinzip finden Sie die Aktivität „Schwarze Kisten am Dreieck“ in der GeoGebra.org-Gruppe des Seminars. Entwerfen Sie hierzu ein Arbeitsblatt zur angeleiteten Exploration des Applets. Versuchen Sie dabei explizite Handlungs-, Beobachtungs- und hypothesengenerierende Anweisungen zu geben.

Nachbereitungsauftrag

Entwerfen Sie eine Prüfungsfrage bzw. ein kurzes Prüfungsgespräch zu den Sitzungen zum Begriffslernen (I+II). Ihre Frage sollte dabei nicht nur bloße Wissensabfrage sein, sondern auch Anwendungen, Begründungen oder Diskussionen erfordern. (Sollte Ihnen doch nur Aufgaben zur bloßen Wissensabfrage einfallen, entwerfen Sie drei Prüfungsfragen.)

  1. Formulieren Sie Ihre Prüfungsfrage bzw. den Anlass für das Prüfungsgespräch in der Aufgabenstellung-Spalte.
  2. Beschreiben Sie ausführlich, wie mögliche (richtige) Antworten auf Ihre Frage aussehen könnten bzw. welche Aspekte in einem Prüfungsgespräch zu dieser Frage angesprochen werden sollten. Tragen Sie dies entsprechend in die Erwartungshorizont-Spalte ein.
  3. Erläutern Sie kurz, warum Sie diese Aufgabe einen zentralen Aspekt der Sitzung abdeckt und welche Anforderung an Wissen/Kompetenzen die Aufgabe fordert.

Unter den übergreifenden Literaturhinweise sind insbesondere relevant:

Mögliche Inspiration können Sie gerne auch weiteren Quellen entnehmen. Zum Beispiel:

Ergebnisse der Nachbereitung

Tragen Sie die Ergebnisse Ihrer Nachbereitung in die folgende Tabelle ein.

Aufgabenstellung Erwartungshorizont Diskussion

Aus algebraischer Sicht ist die folgende Gleichungskette offensichtlich wahr (Assoziativgesetz für Brüche):

\frac{g}{2}h = g\frac{h}{2} = \frac{gh}{2}.

  • Welche geometrischen Zugänge fallen Ihnen zu diesen Termen ein?
  • Warum ist ein solcher Zugang mit Blick auf die Algebra sinnvoll?
  • Welche Stufe des Begriffserwerbs mit Blick auf die Geometrie (Begriff: Dreiecke) wird durch einen solchen Zugang angesprochen?
  • Welche Begriffe, Konzepte oder Phänomene der Geometrie werden in diesem Zusammenhang angesprochen?

Die Symbole lassen sich als Formel für die Berechnung des Flächeninhalt eines Dreiecks interpretieren. In ihnen sind sogar verschiedene Beweisideen der Berechnungsformel enthalten, die sich aus der Berechnungsformel des Flächeninhalts des Rechtecks herleiten lassen: Der Flächeninhalt ist das Produkt der Hälfte der Grundseite mit der Höhe bzw. die Hälfte des Produkts aus Grundseite und Höhe bzw. das Produkt der Grundseite mit der Hälfte der Höhe. Anfertigung von Skizzen zu den jeweiligen Interpretationen.

Der geometrische Zugang unterstützt das Aufbauen von Grundvorstellungen zur Bruchrechnung (u.a. Multiplikation Zahl-mal-Bruch und Bruch-mal-Zahl) und zum Termbegriff (u.a. Kalkülvorstellung, Gegenstandsvorstellung, Terme als „Bauplan“?). Aufzählung der Aspekte von Grundvorstellungen.

Die Diskussion der Gleichungskette aus geometrischer Perspektive verlangt mindestens ein integriertes Begriffsverständnis von Viereck und Dreieck (van-Hiele: 3 Apstraction). Beziehungen zwischen den Figuren Dreieck und Viereck müssen erkannt werden (Begriffsnetz). Schlussfolgerungen finden vermutlich auf informeller Ebene statt (etwa Zerlegungen und Verschiebungen vs. formaler Nachweis der Kongruenz von Teildreiecken und Flächengleichheit kongruenter Dreiecke).

Es werden u.a. die folgenden geometrischen Konzepte angesprochen: Strecke, Rechteck, Dreieck, Streckenlänge, Flächeninhalt, Zerlegungsgleichkeit, Translationsinvarianz von Streckenlänge und Flächeninhalt.

Die Aufgabe bietet Anlass, das Wissen zu folgenden Inhalten abzufragen: Grundvorstellungen, Stufen des Begriffserwerbs (van-Hiele-Modell). Darüber hinaus wird die Anwendung des Stufenmodells gefordert und es ist eine Begründung für die Stufenzuteilung nötig.

Betrachten Sie die folgende Situation:

Für seine Mathematikhausaufgaben dividiert Lukas die Zahl 3 durch 1/3. Er wendet die Rechenregeln zur Bruch-Division richtig an und erhält das Ergebnis 9. Lukas fragt sich: „Warum kann das Ergebnis der Division größer sein als der Dividend?“

1. Wie erklären Sie sich Lukas‘ Denkfehler? Beziehen Sie das Konzept der Grundvorstellungen in die Beantwortung ein.

2. Mit welchem veranschaulichenden Beispiel könnte diesem Denkfehler entgegen gewirkt werden?

3. Könnte man Lukas den Sachverhalt auch anhand von geometrischen Figuren erklären?

1. Das Problem zeigt, wie wichtig neben den Rechenverfahren auch inhaltliche Vorstellungen mathematischer Inhalte, wie z.B. der Division, sind. Diese inhaltlichen Vorstellungen werden in der Mathematikdidaktik als Grundvorstellungen bezeichnet. Sie beschreiben die möglichst konkrete, inhaltliche ‚Interpretation‘ von mathematischen Objekten und Sachverhalten und sollen dabei helfen, ein tieferes Verständnis der mathematischen Verfahrensweisen zu erhalten.

Lukas verfügt nicht über ausreichende Grundvorstellungen der Division durch Brüche, weil er auf die Vorstellung der Division als ‚Verteilen‘ fixiert ist. Würde er sich stattdessen die Frage stellen, wie oft 1/3 in 3 ‚passt‘, und die Division damit als Frage des richtigen Aufteilens interpretieren, wäre sein Vorstellungsproblem gelöst.

2. Um Lukas‘ Denkfehler vorzubeugen, müsste bei den SuS die Grundvorstellung der Division als ‚Aufteilen‘-Operation geweckt werden. Zur Veranschaulichung des Sachverhaltes eignet sich beispielsweise die folgende Problemstellung: „3 Liter Apfelsaft sind in 1/3-l-Flaschen umzufüllen. Wie viele Flaschen werden hierfür benötigt?“

3. Die folgende Möglichkeit bietet sich dazu an, Lukas den Sachverhalt bzw. die Grundvorstellung der Division als ‚Aufteilen‘-Operation anhand von geometrischen Figuren zu vermitteln: Gegeben seien 3 identische, geometrische Figuren (z.B. Kreise, Rechtecke, Quadrate), die von den SuS in jeweils 3 gleich große Teile zerlegt werden sollen. Anschließend kann gezählt werden, wie viele ‚Drittel‘ in die 3 Figuren 'passen'.

Die Aufgabe eignet sich dazu, das didaktische Konzept der 'Grundvorstellungen' anwendungsorientiert abzufragen.

Situationen

Einführung gleichseitige und gleichschenklige Dreiecke über AB mit 12 bis 16 Bildern entsprechender Dreiecke und dem Arbeitsauftrag mithilfe eines Lineals die Bilder in zwei Kategorien einzuteilen.

Fragen:

1. Welche Art von Begriffserarbeitung wurde hier gewählt und wieso? Gibt es Kritik an dieser Art?

2. Ist diese Art typisch bzw. geeignet um in der Sek. I einen Begriff einzuführen?

3. Welche Stufe den van-Hiele-Modell wird mit dieser Begriffseinführung angesprochen?

1. Begriffserarbeitung durch Abstraktion von gegebenen Objekten. Begriffsbildung wird als Klassenbildung verstanden anhand der charakteristischen Merkmale der Objekte (2 oder 3 gleich lange Seiten). Der Arbeitsauftrag „sortiere die Figuren nach ihrer Form“ ist typisch für diese Art der Begriffserarbeitung. Kritik: Überbetonung Unterschiede, hauptsächlich bildliche Vorstellungen

2. Typisch für Sek. 1, da nur Konstruktiv-operative Begriffsbildung oder Begriffsbildung durch Abstraktion zentral sind.

3. Analyse- Stufe, da es um die Klassifizierung von Dreiecke und dem Erkennen und Beschreiben von deren Eigenschaften geht. Diese Eigenschaften begründen Klassifizierung. Inhaltliches Begriffsverständnis, da noch keine Beziehung zwischen Eigenschaften hergestellt wird (vgl. Abstraktion).

Es werden die im Seminar besprochenen Konzepte des Begriffslernens und der Begriffserarbeitung angesprochen und abgefragt.

Betrachten Sie die Einführung des Begriffs eines Parallelogramms. Suchen Sie sich einen möglichen Einstieg einer Unterrichtsstunde aus (z.B. Parallelstreifen, Arbeitsblatt mit verschiedenen Vierecken,…), in welcher der Begriff des Parallelogramms eingeführt werden soll und beschreiben Sie anhand des Van-Hiele Modells den schrittweisen Begriffslernprozess in den entsprechenden 5 Phasen.

Beispiel Parallelstreifen:

1. Visualisation: Vierecke werden gelegt und dadurch eine ganzheitliche Erfassung von dem geometrischen Objekt des Vierecks angeregt. Basale Kenntnisse (4 Ecken, 4 Seiten,..) werden aktiviert.

2. Analysis: Spezielle Eigenschaften (verschiedene Winkelgrößen, Seitenlängen,..) werden erkannt und beschrieben.

3. Abstraction: Klassifizierungen (Rechteck, Quadrat, Parallelogramm) werden verstanden und mathematische Definitionen der einzelnen Begriffe herausgearbeitet.

4. Deduction: Geometrische Theorien und Eigenschaften der speziellen Kategorien Quadrat, Rechteck, Parallelogramm werden erkannt und Beziehungen zwischen den Begriffen werden schlussgefolgert.

5. Rigor: wird in der Schule eher weniger praktiziert. Das Verständnis von Beweisen und anspruchsvollen Sätzen ist in der Schule nicht zwingend gegeben.

Durch diese Aufgabe wird das Van-Hiele Modell wiederholt und der Prozess des Begriffslernens anhand des Beispiels eines Parallelogramms nachvollzogen. Eigenschaften und Beziehungen geometrischer Objekte werden gefordert und man versetzt sich in eine konkrete Unterrichtseinheit.

Literaturhinweise