Lösung von Aufgabe 4.4 S (SoSe 12): Unterschied zwischen den Versionen
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Beweisen Sie Satz I.6: Eine Ebene und eine nicht in ihr liegende Gerade haben höchstens einen Punkt gemeinsam. | Beweisen Sie Satz I.6: Eine Ebene und eine nicht in ihr liegende Gerade haben höchstens einen Punkt gemeinsam. | ||
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+ | Vor: Ebene E und nicht in ihr liegende Gerade g<br /> | ||
+ | Beh: E geschnitten g höchstens einen Punkt gemeinsam<br /> | ||
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+ | Beweis durch Widerspruch<br /> | ||
+ | Ann: E geschnitten g mindestens zwei Punkte gemeinsam<br /> | ||
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+ | !Beweisschritt!!Begründung | ||
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+ | |1) Ebene E und nicht in ihr liegende Geradeng. || Vor | ||
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+ | |2) E geschnitten g = Punkt P und es existiert mindestens ein Punkt Q für den gilt Q ist nicht Element der Ebene. || (Beh) | ||
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+ | |3) Punkte PQ liegen in der Ebene E. || ( Ann) | ||
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+ | |4) PQ bildet Gerade g die in der Ebene E liegt.|| (3), Axiom I/1, Axiom I/5) | ||
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+ | |5)Widerspruch zur Vor. || (4),3),2)) | ||
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+ | --[[Benutzer:Nemo81|Nemo81]] 15:10, 20. Mai 2012 (CEST) | ||
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+ | ===Hinweis von Tutor Andreas=== | ||
+ | *Die Idee ist soweit ganz gut. Mich verwirrt nur, dass die Behauptung im Beweis vorkommt und dass sich Schritt 2 und Schritt 3 widersprechen. Dies sollte noch verbessert werden.--[[Benutzer:Andreas|Tutor Andreas]] 18:27, 22. Mai 2012 (CEST) | ||
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+ | ===Frage von unserer Mutter=== | ||
+ | Sollte man nicht 2 Fälle betrachten? | ||
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+ | Fall_1: Wie oben. Gemeinsamer Punkt. | ||
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+ | Fall_2: Parallelität. Keine Punkte gemeinsam. Siehe Aufgabenstellung : "Beweisen Sie Satz I.6: Eine Ebene und eine nicht in ihr liegende Gerade haben höchstens einen Punkt gemeinsam." Ein oder kein Punkt gemeinsam? | ||
+ | „[[Benutzer:DeineMutter|deine Mutter ]] 13:01, 7. Jun. 2012 (CEST)“ | ||
+ | ===Kommentare M.G.=== | ||
+ | ====@ deine Mutter ==== | ||
+ | Wir gehen also von einer Geraden <math>g</math> und einer Ebene <math>E</math> aus. Diese mögen derart zueinander liegen, dass die Gerade <math>g</math> nicht vollständig in der Ebene <math>E</math> liegt. | ||
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+ | Zeigen sollen wir jetzt, dass <math>g</math> und <math>E</math> maximal einen Punkt gemeinsam haben können. | ||
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+ | Unsere Arbeit wäre getan, wenn wir gezeigt hätten, dass <math>g</math> und <math>E</math> nicht mehr als einen Punkt gemeinsam haben können. Diese erledigen wir sinnvollerweise indirekt per Widerspruch. Wenn uns das gelungen ist, haben wir gezeigt, dass <math>g</math> und <math>E</math> nicht mehr als einen Punkt gemeinsam haben können. | ||
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+ | Es wären jetzt natürlich zwei Fälle möglich: | ||
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+ | # <math>g \cap E = \not O</math>g | ||
+ | # <math>\exist P: P \in g \wedge P \in E</math> | ||
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+ | Die fleißige Studentin / der fleißige Student mag sich jetzt gern damit auseinandersetzen, ob beide Fälle wirklich auftreten können. Sie/er muss es aber nicht, denn wir sollten ja nur zeigen, dass die beiden Punktmengen nicht mehr als einen Punkt gemeinsam haben können. Ob es ggf. vielleicht auch gar kein Punkt sein könnte, war nicht gefragt. Oder?--[[Benutzer:*m.g.*|*m.g.*]] 13:42, 7. Jun. 2012 (CEST) | ||
+ | ====zum Beweis==== | ||
+ | =====Bildzeitungsbeweise===== | ||
+ | Der Beweis von Nemo81 enthält einen schwerwiegenden Fehler, der den gesamten Beweis zunichte macht:<br /> | ||
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+ | ::'''Vorsicht:''' Ein Beweisschritt wird mit der Behauptung begründet. | ||
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+ | Wenn so etwas logisch korrekt wäre, dann könnte man doch '''jeden''' Beweis letztlich auf die folgende Art und Weise führen: | ||
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+ | Voraussetzung: Aussage <math>V</math><br /> | ||
+ | Behauptung: Aussage <math>B</math> | ||
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+ | {| class="wikitable" | ||
+ | !Nr.!!Beweisschritt!!Begründung | ||
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+ | | (1) || Aussage <math>B</math> gilt || nach Behauptung also nach Aussage <math>B</math> | ||
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+ | Die Idee mag genial anmuten: Wir führen unsere Beweise einfach dadurch, dass wir die Behauptung mit sich selbst begründen. Da wir die Voraussetzung <math>V</math> gar nicht benötigen, können wir sie auch weglassen. Damit könnte man auch die Idee der Implikation als nichtig abtun. | ||
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+ | Während meines Studiums musste ich mich zwangsweise auch zwei Semester mit dem Studienfach "Wissenschaftlicher Kommunismus" (wurde später in wissenschaftlicher Sozialismus umbenannt) auseinandersetzen. Dabei lernte ich Folgendes: ''Die Lehre von Marx und Engels ist wahr, weil sie wahr ist.'' Wie sowas endet, ist gemeinhin seit 1989 bekannt. | ||
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+ | Obige Art der Beweisführung bleibt nicht allein Altkommunisten und Trotzkisten vorbehalten. Die Bildzeitung macht es brachial/subtil. Behauptungen werden möglichst reißerisch oder als Suggestivfragen getarnt aufgemacht. Das Ganze muss natürlich korrekt sein, weil es in der Bildzeitung steht: Bild schreibt die Wahrheit, weil Bild die Wahrheit schreibt. | ||
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+ | Ich schlage vor, "Beweise" in denen "Beweisschritte" mit der Behauptung begründet werden, als "Bildzeitungsbeweise" zu bezeichnen. | ||
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+ | {{Definition|gemeiner Bildzeitungsbeweis<br />Eine vermeintliche Beweisführung, bei der ein Beweisschritt mit der Behauptung begründet wird, heißt gemeiner Bildzeitungsbeweis.}} | ||
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+ | =====Der Beweis von Nemo81 vom Kopf auf die Füße gestellt===== | ||
+ | {{Kasten_blass|Lange Beweise machen die Behauptung zunichte. (Mathematikerweisheit)}} | ||
+ | Es seien <math>g</math> eine Gerade und <math>E</math> eine Ebene. | ||
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+ | Voraussetzung: <math>g \not \subset E</math><br /> | ||
+ | Behauptung: <math>g</math> und <math>E</math> haben höchstens einen Punkt gemeinsam.<br /> | ||
+ | Annahme: Es existieren zwei verschiedene Punkte <math>P</math> und <math>Q</math> die beide sowohl zu <math>g</math> als auch zu <math>E</math> gehören. | ||
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+ | Beweis: | ||
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+ | ::Nach Axiom I/5 liegt die Gerade <math>g=PQ</math> vollständig in der Ebene <math>E</math>. Das ist ein Widerspruch zur Voraussetzung. Nach dieser sind <math>g</math> und <math>E</math> gerade so gewählt, dass <math>g</math> keine Teilmenge von <math>E</math> ist.--[[Benutzer:*m.g.*|*m.g.*]] 15:15, 7. Jun. 2012 (CEST) | ||
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[[Category:Einführung_S]] | [[Category:Einführung_S]] |
Aktuelle Version vom 7. Juni 2012, 14:15 Uhr
Inhaltsverzeichnis |
Aufgabe 4.4
Die Aufgabe
Beweisen Sie Satz I.6: Eine Ebene und eine nicht in ihr liegende Gerade haben höchstens einen Punkt gemeinsam.
Lösung von Nemo81
Vor: Ebene E und nicht in ihr liegende Gerade g
Beh: E geschnitten g höchstens einen Punkt gemeinsam
Beweis durch Widerspruch
Ann: E geschnitten g mindestens zwei Punkte gemeinsam
Beweise:
Beweisschritt | Begründung |
---|---|
1) Ebene E und nicht in ihr liegende Geradeng. | Vor |
2) E geschnitten g = Punkt P und es existiert mindestens ein Punkt Q für den gilt Q ist nicht Element der Ebene. | (Beh) |
3) Punkte PQ liegen in der Ebene E. | ( Ann) |
4) PQ bildet Gerade g die in der Ebene E liegt. | (3), Axiom I/1, Axiom I/5) |
5)Widerspruch zur Vor. | (4),3),2)) |
--Nemo81 15:10, 20. Mai 2012 (CEST)
Hinweis von Tutor Andreas
- Die Idee ist soweit ganz gut. Mich verwirrt nur, dass die Behauptung im Beweis vorkommt und dass sich Schritt 2 und Schritt 3 widersprechen. Dies sollte noch verbessert werden.--Tutor Andreas 18:27, 22. Mai 2012 (CEST)
Frage von unserer Mutter
Sollte man nicht 2 Fälle betrachten?
Fall_1: Wie oben. Gemeinsamer Punkt.
Fall_2: Parallelität. Keine Punkte gemeinsam. Siehe Aufgabenstellung : "Beweisen Sie Satz I.6: Eine Ebene und eine nicht in ihr liegende Gerade haben höchstens einen Punkt gemeinsam." Ein oder kein Punkt gemeinsam? „deine Mutter 13:01, 7. Jun. 2012 (CEST)“
Kommentare M.G.
@ deine Mutter
Wir gehen also von einer Geraden und einer Ebene
aus. Diese mögen derart zueinander liegen, dass die Gerade
nicht vollständig in der Ebene
liegt.
Zeigen sollen wir jetzt, dass und
maximal einen Punkt gemeinsam haben können.
Unsere Arbeit wäre getan, wenn wir gezeigt hätten, dass und
nicht mehr als einen Punkt gemeinsam haben können. Diese erledigen wir sinnvollerweise indirekt per Widerspruch. Wenn uns das gelungen ist, haben wir gezeigt, dass
und
nicht mehr als einen Punkt gemeinsam haben können.
Es wären jetzt natürlich zwei Fälle möglich:
-
g
-
Die fleißige Studentin / der fleißige Student mag sich jetzt gern damit auseinandersetzen, ob beide Fälle wirklich auftreten können. Sie/er muss es aber nicht, denn wir sollten ja nur zeigen, dass die beiden Punktmengen nicht mehr als einen Punkt gemeinsam haben können. Ob es ggf. vielleicht auch gar kein Punkt sein könnte, war nicht gefragt. Oder?--*m.g.* 13:42, 7. Jun. 2012 (CEST)
zum Beweis
Bildzeitungsbeweise
Der Beweis von Nemo81 enthält einen schwerwiegenden Fehler, der den gesamten Beweis zunichte macht:
- Vorsicht: Ein Beweisschritt wird mit der Behauptung begründet.
Wenn so etwas logisch korrekt wäre, dann könnte man doch jeden Beweis letztlich auf die folgende Art und Weise führen:
Voraussetzung: Aussage
Behauptung: Aussage
Nr. | Beweisschritt | Begründung |
---|---|---|
(1) | Aussage ![]() |
nach Behauptung also nach Aussage ![]() |
Die Idee mag genial anmuten: Wir führen unsere Beweise einfach dadurch, dass wir die Behauptung mit sich selbst begründen. Da wir die Voraussetzung gar nicht benötigen, können wir sie auch weglassen. Damit könnte man auch die Idee der Implikation als nichtig abtun.
Während meines Studiums musste ich mich zwangsweise auch zwei Semester mit dem Studienfach "Wissenschaftlicher Kommunismus" (wurde später in wissenschaftlicher Sozialismus umbenannt) auseinandersetzen. Dabei lernte ich Folgendes: Die Lehre von Marx und Engels ist wahr, weil sie wahr ist. Wie sowas endet, ist gemeinhin seit 1989 bekannt.
Obige Art der Beweisführung bleibt nicht allein Altkommunisten und Trotzkisten vorbehalten. Die Bildzeitung macht es brachial/subtil. Behauptungen werden möglichst reißerisch oder als Suggestivfragen getarnt aufgemacht. Das Ganze muss natürlich korrekt sein, weil es in der Bildzeitung steht: Bild schreibt die Wahrheit, weil Bild die Wahrheit schreibt.
Ich schlage vor, "Beweise" in denen "Beweisschritte" mit der Behauptung begründet werden, als "Bildzeitungsbeweise" zu bezeichnen.
Definition
gemeiner Bildzeitungsbeweis
Eine vermeintliche Beweisführung, bei der ein Beweisschritt mit der Behauptung begründet wird, heißt gemeiner Bildzeitungsbeweis.
Der Beweis von Nemo81 vom Kopf auf die Füße gestellt
Lange Beweise machen die Behauptung zunichte. (Mathematikerweisheit)
Es seien eine Gerade und
eine Ebene.
Voraussetzung:
Behauptung: und
haben höchstens einen Punkt gemeinsam.
Annahme: Es existieren zwei verschiedene Punkte und
die beide sowohl zu
als auch zu
gehören.
Beweis:
- Nach Axiom I/5 liegt die Gerade
vollständig in der Ebene
. Das ist ein Widerspruch zur Voraussetzung. Nach dieser sind
und
gerade so gewählt, dass
keine Teilmenge von
ist.--*m.g.* 15:15, 7. Jun. 2012 (CEST)
- Nach Axiom I/5 liegt die Gerade