Definitionen in der Mathematik SoSe 11: Unterschied zwischen den Versionen
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Version vom 10. April 2011, 08:56 Uhr
Erkenntnisse aus dem einführenden Beispiel
Wir haben im einführenden Beispiel festgestellt, dass Eratosthenes zur Umfangsbestimmung der Erde z. B. den Wechselwinkelsatz benutzte. Um einen mathematischen Satz verstehen oder auch beweisen zu können müssen die Begriffe und ihre Bedeutung exakt bestimmt, d. h. definiert werden.
Um einen Begriff definieren zu können braucht man weitere Begriffe, mit denen man den neu zu definierten Begriff um- bzw. beschreibt. Auch diese weiteren Begriffe müssen aber im Vorfeld natürlich festgelegt, also auch definiert werden. Dies lässt sich dann endlos so weiterführen und man käme aus der Endlosschleife des Begriffedefinierens nicht heraus.
Deshalb hat man in der Mathematik möglichst wenige grundlegende Begriffe, so genannte Grundbegriffe eingeführt, die nicht weiter bestimmt werden müssen (in der Geometrie z. B. die Begriffe: Punkte, Geraden, Ebenen, Abstand ...).
Man legt nur, mit Hilfe der so genannten Axiome, die Beziehungen zwischen den Grundbegriffen fest.
Was ist eine Definition?
- Eine Definition ist in der Mathematik eine Begriffsbestimmung, die nur aus Grundbegriffen oder bereits definierten Begriffen besteht.
- Eine Definition ist nicht beweisbar und damit auch nicht wahr oder falsch sondern höchstens sinnvoll oder nicht sinnvoll.
Anmerkung: Sie können z. B. eine Raute auf verschiedene Arten definieren. Alle Definitionen sollten aber immer die uns bekannte Raute beschreiben und nicht plötzlich eine andere Figur (Fünfeck, Trapez etc.). Das wäre dann natürlich schon falsch! Beispiele für in diesem Sinne falsche Definitionen finden Sie in den Übungen 1. - Eine Definition sollte so wenig wie möglich und so viel wie nötig beinhalten.
Anmerkung: Dabei schwingt immer eine gewisse Unschärfe mit, die sich didaktisch begründen lässt:
Bsp. Definition Rechteck:
Ein Rechteck ist ein Viereck mit drei rechten Innenwinkel.
Diese Definition ist so knapp wie möglich gehalten. Insbesondere genügt es die Eigenschaft: "besitzt drei rechte Innenwinkel" zu beschreiben, da sich der vierte rechte Innenwinkel zwangsläufig ergibt. In der Regel wird man hier aber ein Rechteck als Viereck mit vier rechten Innenwinkel definieren, da diese Definition insbesondere für Schülerinnen und Schüler einsichtiger und griffiger ist.
Genau dasselbe, nur ganz anders: Arten, Definitionen zu formulieren
Es gibt verschiedene Arten, Definitionen zu formulieren.
Beispiel 1: ggT zweier ganzer Zahlen
Die Begriffe Teiler und Euklidischer Algorithmus seien im Folgenden bereits exakt definiert.
Das Übliche, die Realdefinition
- Es seien und zwei ganze Zahlen. sei die Menge aller Zahlen, die sowohl Teiler von als auch von sind. Die größte Zahl der Menge heißt größter gemeinsamer Teiler der Zahlen und .
Konventionaldefinition, das Ganze in "wenn-dann"
- Wenn eine Zahl sowohl die ganze Zahl als auch die ganze Zahl teilt und es keine Zahl gibt, die auch und teilt und dabei größer als ist, dann ist der größte gemeinsame Teiler von und .
Schön, aber wie bekomme ich den ggT: die genetisch, operative Definition
- Der letzte von 0 verschiedene Rest, den man bei Anwendung des Euklidischen Algorithmus auf die ganzen Zahlen und erhält, ist der größte gemeinsame Teiler der Zahlen und .
Beispiel 2: Drachenviereck
Die Begriffe Dreieck, Viereck, Diagonale, Eckpunkt, Geradenspiegelung und achsensymmetrisch seien im Folgenden bereits definiert.
Realdefinition
- Ein Viereck, bei dem die eine Diagonale Teilmenge der Mittelsenkrechten seiner anderen Diagonale ist, heißt Drachenviereck.
Konventionaldefinition
- Wenn ein Viereck achsensymmetrisch bezüglich einer Geraden ist, die durch zwei Eckpunkte des Vierecks geht, dann heißt das Viereck Drachenviereck.
genetisch, operative Definition
- Es sei ein Dreieck und das Bild von bei der Spiegelung an . Das Viereck ist ein Drachenviereck.
Ein wenig Didaktik: Definitionen auf verschiedenen Niveaustufen
Aus didaktischer Sicht lassen sich Definitionen auf verschiedenen Niveaustufen formulieren.
Das nachfolgende Skript gibt weitere Informationen:
* Definitionen
Entwicklung einer "neuen" Definition
Im Folgenden wollen wir versuchen, den (ihnen vermutlich wenig geläufigen) Begriff Ellipse zu definieren. Konstruktiv lässt sich eine Ellipse mit Hilfe der sogenannten Gärtnerkonstruktion, wie im folgenden Video, erzeugen.
Bemerkung zu obigem Video: Das geht natürlich noch schöner. Ansporn für Sie?
In einer ersten intuitiven Definition können wir also sagen:
Eine Ellipse ist ...
Das folgende Applet empfindet die Gärtnerkonstruktion nach.
Aufgaben:
- Experimentieren Sie nun mit dem Applet und machen Sie sich dabei die mathematischen Zusammenhänge klar (Tipp: Bewegen Sie den Punkt P und beobachten Sie die Strecken a und b).
Welche Zusammenhänge entdecken Sie?
- Versuchen Sie nun aus den Erkenntnissen eine formale Definition des Begriffs
Ellipse zu entwickeln.
- Können Sie nun den Begriff Kreis unter Verwendung des Oberbegriffs Ellipse definieren?
Vereinbarung: Wir setzen ebene Geometrie voraus.
Definition E.1: Ellipse
- Es seien und zwei Punkte. Unter der Ellipse mit den Brennpunkten und versteht man die Menge aller Punkte mit ... .
Definition K.1: Kreis als spezielle Ellipse
- Ein Kreis ist eine Ellipse, deren ... .
Zurückführen auf bereits vorhanden Definitionen: Verwenden von Oberbegriffen
Das Haus der Vierecke
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Obige Flash-Applikation wurde von Frau Andrea Spitz im Rahmen des Seminars "Erstellen von Multimediaanwendungen für den Unterricht" generiert.
Übungsaufgabe 1.3 der ersten Serie
Im Folgenden seien die Begriffe n-Eck, Seite eines n-ecks, Ecke eines n-Ecks bereits definiert. Ergänzen Sie die folgenden Definitionen. Beziehen Sie sich dabei jeweils auf den nächst höheren Oberbegriff.
Definition: Viereck
- Ein Viereck ist ein ... .
Definition: Trapez
...
Definition: Parallelogramm
...
Definition: gleichschenkliges Trapez
...
Definition: Rechteck
...
Definition: Quadrat
...
Definition: Drachen
...
Definition: Raute
...
Es kann nur eine geben - oder?
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Das obige Video wurde von Prof. Dr. Filler erstellt.
Definition E.2: Ellipse
- Es sei ein Doppelkegel und eine Ebene. Wenn den Doppelkegel derart schneidet, dass ... (ergänzen Sie selbst entsprechend des Videos von Herrn Filler) ... , dann heißt Ellipse.
Übungsaufgabe 1.5 der Serie 1
- Definition E.1 und Definition E.2 sind zwei verschiedene Definitionen ein und desselben Begriffs. Geht das? Diskutieren Sie!
....
Darf es ein wenig mehr sein? Ellipse als Hypozykloide
Mit einem Spirograph (Spielzeug) lassen sich geometrische Kurven zeichnen. Läßt man dabei ein kleineres Zahnrad innerhalb eines großen Zahnrades abrollen entstehen sogenannte Hypozykloiden. Ellipsen sind besondere Hypozykloiden. Die folgende Flash-Applikation wurde im Seminar "Erstellen von Multimedianwendungen für den Unterricht" im Sommersemester 2008 erstellt. Versuchen Sie mit der Applikation eine Ellipse zu generieren (Was aussieht wie ein Ellipse ist dann auch eine). Definieren Sie dann den Begriff Ellipse als spezielle Hypozykloide.
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Die Kurve wird durch Klicken bzw. Ziehen im linken unteren Bereich des Applikationsfensters generiert.
Die Variablen bedeuten:
- n1: Anzahl der Zähne des festen Zahnrades
- n2: Anzahl der Zähne des abrollenden Zahnrades
- R: Radius des festen Kreises
- r: Radius des abrollenden Kreises
- d: Abstand des Stiftes zum Mittelpunkt des abrollenden Kreises.
Die Werte der Variablen können selbstverständlich manipuliert werden.
Definition E.3: Ellipse
- Es sei eine Hypozykloide, für die die folgenden Bezeichnungen gelten mögen: R: Radius des festen Kreises, r: Radius des abrollenden Kreises und d: Abstand des Stiftes zum Mittelpunkt des abrollenden Kreises. Wenn ... , dann ist eine Ellipse.