Definitionen in der Mathematik SoSe 17 S

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Inhaltsverzeichnis

Aufgaben vorab

Definieren Sie:

  1. Kreis k mit Mittelpunkt M und Radius r
  2. Trapez
  3. Parallelogramm

Was ist eine Definition?

Rein aus der Intuition heraus

Zuordnung
Ziehen Sie mit der Maus in die nach Ihrer Meinung richtige Zeile.

passt zum Begriff Definition Festlegung Begriffsbeschreibung juristisches Gesetz wird durch den Menschen geschaffen ist weder wahr noch falsch Namensgebung
passt nicht zum Begriff Definition mathematische Aussage Naturgesetz existiert unabhängig vom menschlichen Bewußtsein Falls es Gott geben sollte so hat er sie erschaffen ist entweder wahr oder falsch ist eine Gesetzmäßigkeit

Was ist nun eine Definition

Es ist schwer den Begriff mathematische Definition sauber zu klären (zu definieren). Wir wollen unter einer Definition die Beschreibung, Festlegung eines Begriffes verstehen. Aus mathematischer Sicht sind an eine derartige Begriffsbeschreibung gewisse Forderungen zu stellen.

Was sind mathematische Definitionen?

Ein Quiz

1. Bei welchen der folgenden "Definitionen" würde einem echten Mathematiker unwohl sein?

Unter dem Gegenstand der Pädagogik versteht man die Befähigung zur Aneignung.
Was genau ist Aneignung, was genau ist Befähigung?
Bildung ist ein aktiver, komplexer und nie abgeschlossener Prozess, in dessen glücklichem Verlauf eine selbstständige und selbsttätige, problemlösungsfähige und lebenstüchtige Persönlichkeit entstehen kann.
Ein unglaublich schwieriger Begriff. Wir werden ihn wohl nie exakt und genau im mathematischen Sinne erfassen können.
Ein Punkt ist das, was nicht mehr teilbar ist.
Und was ist nun nicht mehr teilbar?
Ein Parallelogramm ist ein Trapez mit einem weiteren Paar paralleler Seiten.
Hier fühlt sich der Mathematiker wohl. Vorausgesetzt Trapez, parallel, Seite etc. wurde bereits definiert.
Unter dem RGB-Farbraum versteht man die folgende Menge geordneter Tripel natürlicher Zahlen: RGB:=\{(x,y,z)|0\leq x,y,z \leq 255\}
wiederum vorausgesetzt geordnetes Tripel, natürliche Zahl etc. wurde bereits definiert.

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Fazit

Will man eine Begriffsbeschreibung effizient erstellen, so wird man sinnvollerweise auf andere Begriffe zurückgreifen. All diese Begriffe müssen ihrerseits vorab festgelegt worden sein.

undefinierte Grundbegriffe

  • Ein Quadrat ist eine Rechteck mit ...
  • Ein Rechteck ist ein Parallelogramm mit ...
  • Ein Parallelogramm ist ein Trapez mit ...
  • Ein Trapez ist ein Viereck mit ...
  • Eine Viereck ist die Vereingungsmenge von vier Strecken, wobei ...
  • Die Strecke \overline{AB} ist die Menge aller Punkte, die zwischen den Punkten A und B liegt vereinigt mit der Menge, die aus den Punkten A und B besteht.
  • Ein Punkt ist ...?

Irgendwann sind wir mit der Rückführung auf andere Begriffe am Ende. Wir müssen akzeptieren, dass wir nicht alles sauber und exakt definieren können, obwohl wir doch sehr genaue Vorstellungen von unserem Begriff haben. Der Mathematiker geht dann von sogenannten undefinierten Grundbegriffen aus:

  • Punkt
  • Gerade
  • Ebene

Wir ergänzen:

Eine mathematische Definition ist eine Begriffsbeschreibung, die nur bereits definierte Begriffe bzw. als undefiniert festgelegte Grundbegriffe verwendet.

Exaktheit und Minimalität mathematischer Definitionen

Eine Definition muss den Begriff und nur den Begriff exakt beschreiben

Ein Quiz

1. Welche der folgenden Definitionen beschreiben den zu definierenden Begriff nicht korrekt?

Ein Viereck mit vier zueinander gleichlangen Seiten heißt Quadrat.
Nicht jede Raute ist ein Quadrat.
Rauten mit einem rechten Innenwinkel sind Quadrate.
Jetzt passt es.
Ein Viereck, dessen Diagonalen gleichlang sind, heißt Rechteck.
Symmetrische Trapeze, die keine Rechtecke sind, haben dieselbe Eigenschaft.
Ein Viereck, dessen Diagonalen einander halbieren, ist ein Rechteck.
Was ist mit Parallelogrammen, die keine Rechtecke sind?
Ein Viereck, dessen Diagonalen senkrecht aufeinander stehen, könnte ein Rechteck sein.
Und was ist nun ein Rechteck?
Ein Viereck, dessen Diagonalen senkrecht aufeinander stehen und sich gegenseitig halbieren, heißt Rechteck.
Jetzt haben wir es endlich: Das sich die Diagonalen gegenseitig halbieren und senkrecht aufeinander stehen ist sowohl notwendig als auch hinreichend dafür, dass ein Viereck ein Rechteck ist.

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Beispiele

Beispiel 1

In jedem Drachenviereck sind zwei benachbarte Seiten kongruent (gleichlang) zueinander. Paul definiert: Wenn in einem Viereck zwei benachbarte Seiten kongruent zueinander sind, ist das Viereck ein Drachen. Wie man leicht sieht umfasst diese Definition jedoch auch Vierecke, die wir nicht als Drachen ansehen wollen.


Beispiel 2

Lisa will den Begriff des Rechtecks über die Eigenschaften der Diagonalen aller Rechtecke definieren:
Ein Viereck dess Diagonalen kongruent zueinander sind, sich jeweils halbieren und senkrecht aufeinander stehen heißt Rechteck.
Alle Vierecke, die Lisas Definition entsprechen sind auf jeden Fall Rechtecke. Sie sind sogar Quadrate, allerdings auch nur Quadrate. Lisas Definition umfasst kein Rechteck, das kein Quadrat ist.

Minimalität mathematischer Definitionen

Beispiele

Beispiel 1

Parallelogramme haben folgende Eigenschaften:

  1. Die gegeüberliegenden Seiten sind parallel zueinander.
  2. Die gegenüberliegenden seiten sind kongruent zueinander.
  3. Gegenüberliegende Innenwinkel sind kongruent zueinander.
  4. Die Diagonalen halbieren jeweils einander.
  5. Benachbarte Innenwinkel sind supplementär (ergänzen sich zu 180°).

Man könnte jetzt meinen, dass es sinnvoll wäre alle dies Eigenschaften zur definition des Begriffs Parallelogramm zu verwenden. Das würde die Definition aber nur unnötig aufblähen. Aus diesem Grund wählt man die definierende Eigenschaft des zu definierenden Begriffs derart, dass sie gerade so ausreichend ist, den Begriff exakt zu definieren. Alle die Eigenschaften unseres definierten Begriffs, die aus der Definition beweisbar wären, werden in sogenannten Sätzen verwigt, jedoch nicht in der Definition aufgeführt.

Definition


Jedes Viereck dessen gegenüberliegende Seiten parallel zueinander sind, heißt Parallelogramm.

Natürlich hat jedes Viereck, das nach dieser Definition als Parallelogramm zu identifizieren ist die Eigenschaft, dass seine gegenüberliegenden Seiten kongruent zueinander sind. Diese Eigenschaft schreibe wir in einem Satz auf:
Satz über die gegeüberliegenden Seiten im Parallelogramm:

Wenn ein Viereck ein Parallelogramm ist, so sind seine gegenüberliegenden Seiten kongruent zueinander.


Sätze müssen bewiesen werden:
Beweis des Satzes über die gegenüberliegenden Seiten des Parallelogramms:
Es sei \overline{ABCD} ein Parallelogramm. Entsprechend der Definition des Begriss Parallelogramm gilt:
Voraussetzung 1: AB || CD
Voraussetzung 2: AD || BC
(I) Wegen Voraussetzung 1 und dem Wechselwinkelsatz gilt: \angle CAB \tilde= \angle ACD
(II) Wegen Voraussetzung 2 und dem Wechselwinkelsatz gilt: \angle ACB \tilde= \angle CAD
(III) Trivialerweise ist die Diagonale \overline{AC} zu sich selbst kongruent.
(IV) Wegen (I), (II), (III) und WSW gilt: \overline{ABC} \tilde= \overline{CBA}
(V) Nach Definition sind Dreiecke dann und nur dann kongruent, wenn sie in allen Bestimmungstücken (Seiten und Winkel) übereinstimmen. Entsprechend (IV) müssem demnach die gegenüberliegenden Seiten von \overline{ABCD} kongruent zueinander sein.

Genau dasselbe, nur ganz anders: Arten, Definitionen zu formulieren

Es gibt verschiedene Arten, Definitionen zu formulieren.

Beispiel 1: ggT zweier ganzer Zahlen

Die Begriffe Teiler und Euklidischer Algorithmus seien im Folgenden bereits exakt definiert.

Das Übliche, die Realdefinition

Es seien a und b zwei ganze Zahlen. T sei die Menge aller Zahlen, die sowohl Teiler von a als auch von b sind. Die größte Zahl der Menge T heißt größter gemeinsamer Teiler der Zahlen a und b.

Konventionaldefinition, das Ganze in "wenn-dann"

Wenn eine Zahl g sowohl die ganze Zahl a als auch die ganze Zahl b teilt und es keine Zahl t gibt, die auch a und b teilt und dabei größer als g ist, dann ist g der größte gemeinsame Teiler von a und b.

Schön, aber wie bekomme ich den ggT: die genetisch, operative Definition

Der letzte von 0 verschiedene Rest, den man bei Anwendung des Euklidischen Algorithmus auf die ganzen Zahlen a und b erhält, ist der größte gemeinsame Teiler der Zahlen a und b.

Beispiel 2: Drachenviereck

Die Begriffe Dreieck, Viereck, Diagonale, Eckpunkt, Geradenspiegelung und achsensymmetrisch seien im Folgenden bereits definiert.

Realdefinition

Ein Viereck, bei dem die eine Diagonale Teilmenge der Mittelsenkrechten seiner anderen Diagonale ist, heißt Drachenviereck.

Konventionaldefinition

Wenn ein Viereck achsensymmetrisch bezüglich einer Geraden ist, die durch zwei Eckpunkte des Vierecks geht, dann heißt das Viereck Drachenviereck.

genetisch, operative Definition

Es sei \overline{ABC}ein Dreieck und \ C' das Bild von \ C bei der Spiegelung an \ AB. Das Viereck \overline{AC'BC} ist ein Drachenviereck.

Konvex, konkav, konfus, ein wenig Didaktik: Definitionen auf verschiedenen Niveaustufen

Aus didaktischer Sicht lassen sich Definitionen auf drei verschiedenen Niveaustufen formulieren.


Das nachfolgende Skript gibt weitere Informationen:
* Definitionen