Der Satz des Pythagoras - Eine didaktische Umsetzung

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Im Folgenden eine didaktische Umsetzung, wodurch man dem Schüler eine Möglichkeit bietet, den Satz des Pythagoras eigenständig entdecken und finden zu können.


Inhaltsverzeichnis

Wie kann man diesen Satz mit den Schülern erarbeiten?

Schlechtes Einführungsbeispiel - So sollte man es nicht machen

Mein ehemaliger Mathelehrer in der 7. Klasse hat es auf diese Art und Weise probiert:


Rechtwinkliges Dreieck.jpg

Rechtwinklige Dreiecke dürften euch bekannt sein! Nun kann man nach dem Satz des Pythagoras bei einem rechtwinkligen Dreieck, bei welchem zwei bekannte Seiten vorhanden sind, die dritte Seite berechnen. Dies geht ganz einfach mit der Formel a² + b² = c²! Durch entsprechende Umformung lassen sich ebenfalls die Seite a oder b herausfinden. Ein ganz einfacher Satz, denn jetzt jeder von euch anwenden kann:


  1. Berechne die Hypothenuse: a = 4 cm, b = 2 cm, usw.

Wenn man nun einen Schüler nach Zusammenhängen und Zustandekommen dieses Satzes fragen würde, würde höchst wahrscheinlich keiner eine Antwort geben können.

Warum?

Der Schüler hat keine Gelegenheit bekommen, sich mit dem Satz auseinander zu setzte, ihn zu analysieren, ihn zu verstehen, ihn zu entdecken. Gerade ein Satz wie der des Pythagoras erfordert aber genau diese Vorgehensweise. Allerdings wird auch dieser Satz nach obigem Beispiel heute noch nach der friss oder stirb – Methode unterrichtet.

Wie könnte man es besser machen?

Der Kathetensatz als Einführung in die Satzgruppe des Pythagoras:

Einstiegsproblem:

Aus einem Quadrat ein flächengleiches Parallelogramm und aus diesem Parallelogramm ein flächengleiches Rechteck konstruieren.




Aus dem Quadrat über der Kathete b, soll ein flächengleiches Rechteck bei dem Hypothenusen - Abschnitt q errichtet werden:

Scherung 1.jpg

Scherung 5.1.jpg



Ausgangskonfiguration Schritt 1 Schritt 2 Schritt 3
Scherung 1.jpg Scherung 3.jpg Scherung 4.png Scherung 5.1.jpg
Dem Schüler ist das rechtwinklige Dreieck gegeben, mit dem Kathenquadrat über der Seite b Durch Parallelenverschiebung erhält man ein zu b² flächengleiches Parallelogramm ABD'E Das Parallelogramm ABD'E wird am Punkt A um 90° nach untern verschoben Durch eine weitere Parallelenverschiebung erhält man ein zu dem Parallelogramm ABD'E flächengleiches Rechteck AC'DB'.

Erstellt man ebenfalls ein flächengleiches Rechteck beim Hypothenusen-Abschnitt p, das zum Kathetenquadrat über der Seite a flächengleich ist, entsteht die bekannte Pythagorasfigur:

Scherung7.jpg


Der Kathensatz liefert uns:
1) Ergebnis a²=c*p
2) Ergebnis b²=c*q
Wodurch man den Satz des Pythagoras ableiten kann:
Beweis:
1) EA II BC
2) Quadrat ACDE ist flächengleich zu dem Parallelogramm ABC’E
2) Parallelogramm um 90° bei A gedreht
3) AB‘ II CC`` somit ist das Parallelogramm flächenglich zum Rechteck
4) das gleiche mit der Seite b
Vermutung = a² + b² = cp + cq = c(p+q) = c²


Starke deduktive Vorgehensweise:

Gewinnung des Satzes bei gleichzeitiger Sicherung seiner Wahrheit.

Problem?

Man hat die Satzfindung und seinen Beweis in eine gemeinsame Phase gepackt! Besitzt der durchschnittliche Sekundarstufen I Schüler nun dieses Abstraktionsniveau um sich über den eigentlichen Zusammenhang des Satz des Pythagoras im Klaren zu sein? Wohl eher nicht.
Er konnte zwar handeln, aber Sinnzusammenhänge konnten an diesem Beispiel nicht erarbeitet werden.

Somit ist auch diese Vorgehensweise nicht die Ideale.


Die Reduktiven Methoden zur Satzfindung

Durch diese Art der Satzfindung,wird dem Schüler eine tätsächliche Findung der Funktionszusammenhänge ermöglicht. Nur so kann es einem gelingen, bei jedem Schüler einen entscheidenden Lernprozess zu initiieren. Dies Findung unterstützt letztendlich den Schüler darin, die einzelnen Zusammenhänge auch verstehen zu können.

=== Einstiegsproblematik: ===

Rechtwinklgig.png

Die beiden Katheten können durch das Gitternetz direkt abgelesen werden, die Hypotenuse allerdings nicht. Wenn man nun kein Geodreieck hätte, gibt es eine Möglichkeit die Hypotenuse über die Katheten auszurechnen? Stehen sie in einer gemeinsamen Beziehung zueinader?

Induktion:

Die Induktion ist das Schließen vom Einzelfall auf die Allgemeinheit. Konkret: Durch das Ausmessen einzelner rechtwinkliger Dreiecke und dem Impuls diese Seitenlängen zu quadrieren, kann der Schüler den Funktionszusammenhang selber entdecken.

Arbeitsblatt mit verschiedenen rechtwinkligen Dreiecken und einer Tabelle die ausgefüllt werden soll:


Dreieck Seite a Seite b Seite c a² + b²
1 2 4 5 9 16 25 25


Funktionale Betrachtung

Die wahrscheinlich eleganteste Möglichkeit den Satz des Pythagoras zu entdecken und ihn vor allem zu veranschaulichen, bietet die funktionale Betrachtung. Im Idealfall mit einem DGS wie z.B. Geogebra. Da es hier möglich ist, eine Größe in Abhängigkeit einer anderen Größe direkt zu vergleichen. Durch diese Abhängigkeit kann man nun direkte Schlüsse auf den Satz ziehen.

Die erste funktionale Betrachtung bezieht sich auf rechtwinklige Dreiecke:


In einem weiteren Schritt wird überprüft, ob die Erkenntnis von den rechtwinkligen Dreiecken auch bei allgemeinen Dreiecken gilt:


Erkenntnisgewinn: Die Flächen von a² + b² sind nur dann identsich zur Fläche von c², wenn es sich um ein rechtwinkliges Dreieck handelt.

Verallgemeinerung:

Gilt dieser Zusammenhang nur für Quadrate über den Seiten eines rechtwinkligen Dreiecks?

Untersuchung von verschiedenen Figuren:

Andere Pythagorasfigur.jpg

Flächenberechnung: für ein gleichseitiges Dreieck: a*h/2 + b*h/2 = c*h/2

Erkenntnisgewinn: Scheinbar gilt der Flächenzusammenhang auch für andere gleichmäßige Figuren.

Arbeiten am und mit dem Satz:

Im nächsten Schritt muss die Aussage des Satzes gefestigt werden, denn nur weil er nun gefunden worden ist, heißt das nicht, dass der Satz auch von allen Schülern verstanden wurde und dieser auch angewendet werden kann. Schließlich kommt es durch gezielte Aufgaben darauf an, dass im Idealfall jeder den Satz verstanden hat. Nur durch verschiedene Aufgabenstellungen und differenzierte Anwendungen des Satzes kann dieser gefestigt werden.

Man nimmt an, dass der Satz wirklich gilt und wendet ihn an:

z.B.
1) Man gibt den Schülern verschiedene rechtwinklige Dreiecke, bei denen zwei Seiten gegeben sind. Der Schüler kann durch die Anwendung des Satz des Pythagoras die dritte Seite ausrechnen.
2) Dreiecke mit rechtem Winkel und Dreiecke ohne rechten Winkel. Bei welchen Dreiecken kannst du die fehlende dritte Seite mit dem Satz des Pythagoras berechnen?

Ebenso kann man in dieser Phase verschiedene Formulierungen des Satzes erarbeiten:
Satz:
In jedem rechtwinkligen Dreieck ist die Summe der Flächeninhalte der Quadrate über den Katheten gleich dem Flächeninhalt des Quadrates über der Hypotenuse.

Wenn-Dann-Formulierung:
Wenn ein Dreieck rechtwinklig ist, so ist die Summe der Flächeninhalte der Quadrate über den Katheten gleich dem Flächeninhalt des Quadrates über der Hypotenuse.

... Der Fantasie sei hier keine Grenzen gesetzt

Der Beweis:

Hat man nun das Gefühl, dass der Satz von allen Schülern verstanden worden ist, kann man den Satz beweisen. Für die Sekundarstufe I sollte man sich bei Beweisen eher auf der Stufe des Argumentierens bewegen, da man dadurch auch einem schwächeren Schüler eine Einsicht der Allgemeingültigkeit und damit ein "Aha-Erlebnis" ermöglichen kann.

Deshalb eignen sich in der Sekundarstufe I z.B. die Ergänzungsbeweise:

Der Vorteil liegt eindeutig in ihrere ikonischen Darstellung, wodruch der Beweis relativ einfach "abgelesen" und somit verbalisiert weden kann:

So gibt es z.B. diese beiden Ergänzungsbeweise, die mit jedem beliebigen rechtwinkligen Dreieck durchgeführt werden können:

Puzzel.jpg

Puzzel 2.jpg

Der Schüler wird argumentieren können: das die schwarze Fläche:

  • einmal aus den beiden Kathetenquadraten + 4 x rechtwinkliges Dreieck gefüllt werden kann
  • einmal aus dem Hypotenusenquadrat + 4 x rechtwinkliges Dreieck gefüllt werden kann.

--> Der Schüler kann daraus schließen, dass die Flächen der beiden Kathetenquadrate = der Fläche des Hypotenusenquadrates entsprechen.

Eine weitere Möglichkeit:

Schneiden.jpg

Schneiden2.jpg