Lösung von Aufgabe 6.10
Der folgende Satz bezieht sich auf die ebene Geometrie.
Satz:
- Es seien und zwei Kreise mit den Mittelpunkten bzw. und den Radien bzw. . Keiner der Mittelpunkte möge dabei im Inneren des jeweils anderen Kreises liegen.
- Die Kreise und haben dann und nur dann einen und nur einen Punkt gemeinsam, wenn gilt.
- Formulieren Sie den Satz ohne die Verwendung der Phrasen dann und nur dann sowie einen und nur einen.
- Sie haben sicherlich erkannt, dass es sich bei dem Satz um eine Äquivalenz handelt. Formulieren Sie die beiden Implikationen, die diese Äquivalenz beinhaltet.
- Beweisen Sie die beiden Implikationen.
Inhaltsverzeichnis |
Lösung der Aufgabe --*m.g.* 09:08, 21. Jun. 2010 (UTC)
Teilaufgabe 1
Die Formulierung "eine und nur eine" ist äquivalent zu "genau eine".
Die Lösung von Heinzvaneugen kann also 1 zu 1 übernommen werden:
Die Kreise und haben genau dann genau einen Punkt gemeinsam, wenn gilt.
Teilaufgabe 2
Die Lösung von Heinzvaneugen ist korrekt.
allgemeiner Teil für beide Implikationen
Es seien und zwei Kreise mit den Mittelpunkten bzw. und den Radien bzw. .
Implikation I (-->)
Wenn , dann haben die beiden Kreise und genau einen Punkt gemeinsam.
andere möglich Formulierung (neben vielen weiteren, die hier nicht alle aufgezeigt werden sollen und können):
Wenn für zwei Kreise gilt, dass die Summe der Längen ihrer Radien gleich dem Abstand ihrer Mittelpunkte ist, dann existiert genau ein Punkt , den die beiden Kreise gemeinsam haben.
(Der allgemein Teil zuvor ist hier mit aufgenommen und hätte nicht extra formuliert werden müssen.)
Implikation II (<--)
Wenn und genau einen Punkt gemeinsam haben, so gilt .
Bemerkung zu der Formulierung von Heinzvaneugen:
Sie formulieren: Wenn zwei Kreise und ... .
Die beiden Kreise wurden aber vorab schon festgelegt. Es seien und ... . Jetzt bleiben wir natürlich in den weiteren Formulierungen bei diesen zunächst beliebigen, dann aber festen Kreisen. Also besser: Wenn die Kreise und ... . Oder: Wenn und ... .
Teilaufgabe 3
Beweis von Implikation I
Voraussetzung
Behauptung 1 (Existenzaussage)
Es gibt einen Punkt , der sowohl zu als auch zu gehört.
Behauptung 2 (Eindeutigkeitsaussage)
Es gibt nicht mehr als einen Punkt den und gemeinsam haben.
Beweis der Existenzaussage (Behauptung 1)
Nachzuweisen ist die Existenz eines Punktes der sowohl zu als auch zu gehört.
Der Kreis ist die Menge aller Punkte unserer Ebene, die zu dem Punkt den Abstand haben.
Der Kreis ist die Menge aller Punkte unserer Ebene, die zu dem Punkt den Abstand haben.
Wir haben also die Existenz eines Punktes nachzuweisen, für den gilt:
und
Wir konstruieren uns einen solchen Punkt wie folgt:
Wir gehen von dem Strahl aus.
Auf gibt es nach dem Axiom vom Lineal genau einen Punkt , der zu den Abstand hat:
Jetzt gilt: (*) Der Punkt liegt zwischen den Punkten und
Begründung von (*):
- Der Punkt fällt nicht mit zusammen: , entarteter Kreis.
- Der Punkt fällt nicht mit zusammen: entsprechend der Voraussetzung würde jetzt entarten.
- Annahme:
- Unter Berücksichtigung der Tatsache, dass ein Punkt der Halbgeraden ist, kann jetzt nur noch gelten:
- Der Punkt fällt nicht mit zusammen: , entarteter Kreis.
- bedeutet: (**)
- Der Punkt wurde so gewählt, dass sein Abstand die Zahl ist, womit (**) auch wie folgt geschrieben werden kann:
- (***)
- Unter Berücksichtigung der Voraussetzung gilt entsprechend (***) auch (****)
- Da nun und positive reelle Zahlen sind, ist (****) ein Widerspruch in sich. Die Annahme
ist zu verwerfen.
- bedeutet: (**)
Nach diesen Ausführungen können wir also davon ausgehen, dass der von uns konstruierte Punkt zwischen den Punkten und liegt. Aus folgt:
(i)
Unter Berücksichtigung der Voraussetzung läßt sich (i) als
(ii)
schreiben.
Da so gewählt wurde, dass gilt, ist auch
(iii)
gültig.
Aus (iii) folgt unmittelbar .
Damit gehört der Punkt sowohl zu als auch zu .
Die Existenz des gemeinsamen Punktes der beiden Kreise und ist damit nachgewiesen.
Beweis der Eindeutigkeitsaussage (Behauptung 2)
Annahme:
Wegen und und gilt:
und damit natürlich auch
Damit sind und zwei verschiedene Punkte auf dem Strahl die zum Anfangspunkt dieses Strahls ein und denselben Abstand haben.
Das wäre allerdings ein Widerspruch zur Eindeutigkeitsaussage des Axioms vom Lineal.
Zum Beweis von Heinzvaneugen
Sie wollen beweisen: Aus folgt, dass die beiden Kreise genau einen Punkt gemeinsam haben. Sie führen den Beweis indirekt und negieren bei Beibehaltung der Voraussetzung die Behauptung. Das ist korrekt, so führt man vom Prinzip her indirekte Beweise. Unsere Behauptung besteht eigentlich aus zwei Aussagen: Die beiden Kreise haben einen Punkt gemeinsam und zwar nur einen. Sie negieren die Behauptung korrekt. Die Negation von Die beiden Kreise haben genau einen Punkt gemeinsam ist Die beiden Kreise haben nicht genau einen Punkt gemeinsam. Letzteres bedeutet, dass die beiden Kreise entweder überhaupt keinen Punkt gemeinsam haben (Negation der Existenzaussage) oder dass sie mehr als einen Punkt gemeinsam haben (Negation der Eindeutigkeitsaussage). Das sind in der Tat Ihre beiden Gegenannahmen. Bis hier hin ist alles in Ordnung.
Jetzt kommt der eigentliche Beweis. Sie wählen auf der Strecke einen ominösen Punkt . Den wird es sicherlich geben (Axiom vom Lineal). Jetzt kommt der Knackpunkt ihres Beweises. Ihre Gegenannahme 1 besagt, dass die beiden Kreise keinen Punkt gemeinsam haben. Damit, so folgern Sie (und soweit ist das auch korrekt), kann der Punkt definitiv nicht gleichzeitig zu den beiden Kreisen und gehören. Was heißt aber gehört nicht gleichzeitig zu und zu ?
- gehört zu aber nicht zu
- gehört zu aber nicht zu
- gehört weder zu noch zu
Fall 3 lässt wieder in Unterfälle aufdröseln:
- liegt sowohl außerhalb von als auch von . ()
- liegt innerhalb von und außerhalb von .()
- liegt außerhalb von und innerhalb von .()
- liegt sowohl innerhalb von als auch innerhalb von .()
Sie berücksichtigen in Ihrem Beweis hinsichtlich der Gegenbehauptung 1 nur den Fall 3.1. Das reicht nicht, um diese Gegenbehauptung ad absurdum zu führen.
Genug der Negativdiskussion:
- Sie haben den Teil des Beweises, der sich auf Fall 3.1 bezieht absolut korrekt geführt. Alle weiteren Fälle würde man sicherlich in gewisser Weise analog führen.
Schreiben Sie also in Ihren Teilbeweis (Negation der Existenz): andere Fälle: analog (der Leser überzeuge sich davon).
- Sie haben eine sehr wichtige Erfahrung gemacht. Diese Erfahrung ist letztlich viel wichtiger als der gesamte korrekte Beweis. Weil Sie versuchten einen Existenzbeweis indirekt zu führen, haben Sie sich das Leben etwas zu schwer gemacht. Ich will und kann hier keine Regel aufstellen: Existenzbeweise führt man besser immer direkt. Es mag auch Fälle geben, in denen ein indirekter Existenzbeweis eleganter als die direkte Methode ist. Aber in der größten Zahl der Fälle führt der direkte Existenzbeweis schneller zum Ziel.
Was ist ein Existenzbeweis? Man hat nachzuweisen, dass es bestimmte Repräsentanten eines Begriffs gibt. Dieser Nachweis ist letzlich eine Konstruktionsaufgabe. Insbesondere dann, wenn man vorab schon überzeugt davon ist, dass entsprechende Repräsentanten wirklich existieren, wird man wohl eher damit beginnen, einen solchen Repräsentanten zu konstruieren, als zu versuchen nachzuweisen, dass die Aussage "Meine Konstruktionsaufgabe ist nicht lösbar" falsch ist.
Die Idee, bei Existenzbeweisen erst mal einen direkten Beweis zu versuchen, ist eine heuristische Regel. Heuristik ist vor allem Erfahrung. Erfahrungen muss man vor allem selbst machen. Natürlich kann man von den Erfahrungen anderer profitieren, aber die eigene Erfahrung ist sicherlich nachhaltiger.
Beweis der Implikation II
muss noch geschrieben werden, allein mir fehlt momentan die Zeit, in der nächsten freien Minute (eher Stunde) werde ich das Schreiben der Lösung fortsetzen.--*m.g.* 13:17, 21. Jun. 2010 (UTC)
bisherige Diskussionen
1. Reicht es, wenn man mit "genau" arbeitet?
Die Kreise und haben genau dann genau einen Punkt gemeinsam, wenn gilt.
2. I) Wenn gilt, dann haben die beiden Kreise und genau einen Punkt gemeinsam, den Berührpunkt S.
II) Wenn zwei Kreise und genau einen Punkt gemeinsam haben, so gilt
3. Beweisen Sie die beiden Implikationen Teil 1
I)
- Skizze
- Vorraussetzung: Die Strecke ist so lang wie die Summe der beiden Radien und .
- Behauptung: Die beiden Kreisen haben genau einen gemeinsamen Punkt.
- Gegen-Behauptung (1): Es gibt KEINEN gemeinsamen Punkt
- Gegen-Behauptung (2): Es gibt MEHR ALS EINEN gemeinsamen Punkt.
- Indirekter Beweis:
- (1) Die Strecke setzt sich zusammen aus den Strecken und , wobei zwischen und liegt. (Definition II.1: (Zwischenrelation): Ein Punkt liegt zwischen zwei Punkten und , wenn gilt (...) ).
- Dieser Punkt C liegt "außerhalb" beider Kreise (Gegen-Behauptung (1) )
- Dadurch ist die Strecke größer als der Radius von , und die Strecke größer als der Radius von ()
- Daraus resultiert: (Widerspruch zu Vorraussetzung und Schritt 1, da )
- (2) Analog, nur bei der Strecken-Ungleichung muss dann der Radius jeweils größer als die Strecke bzw. sein. ()
- Dadurch haben wir beweiesen, dass Gegen-Behauptung (1) und (2) zu Widersprüchen führen und nur die Behauptung "Die beiden Kreisen haben genau einen gemeinsamen Punkt" gültig ist. Oder...?
3. Beweisen Sie die beiden Implikationen Teil 2
II)....
--Heinzvaneugen